Die Geschichte der Blockchain erinnert ein bisschen an jene des Internets. Eine Technologie, die einst dafür eingesetzt wurde, um die teure, verteilte Rechenkapazität der Großrechner in den USA besser nutzen zu können, ist heute nicht nur der wirtschaftliche Schauplatz der einflussreichsten Firmen dieser Welt, sondern auch eine Art Lebenselixier für die Gesellschaft. Das Internet vernetzt Menschen, Maschinen und Sensoren. Vieles wäre heutzutage ohne das Internet undenkbar. Nichtsdestotrotz begann das Internet mit einer kleinen Idee und einem kleinen Einsatzfeld. Auch die Blockchain begann mit einem solchen eingeschränkten Einsatzfeld. Erst im Laufe der letzten Jahre hat sich herausgestellt, das sich das Prinzip, dass bei Bitcoin oder anderen Kryptowährungen auf Blockchain-Basis eingesetzt wird, auch für viele weitere Bereiche eignet.
Die Einsatzmöglichkeiten Teil 2
Am meisten diskutiert werden zurzeit insbesondere die sogenannten Smart Objects beziehungsweise Smart Contracts. Die Blockchain dient in diesem Fall als Aufbewahrungsort für Besitzeigentümer, die sich digital darstellen lassen. Ein Beispiel könnten Diamanten sein. Die Diamanten werden mit einem Zertifikat ausgeliefert, das die wesentlichen Eigenschaften des Diamanten enthält und seine Echtheit bescheinigt. Dieses Zertifikat kann als Smart Object in der Blockchain gespeichert werden. Der Vorteil ist: Die Herkunft der Diamanten wäre von der Mine aus lückenlos nachvollziehbar, da bei einem Eigentümerwechsel eine Transaktion in der Blockchain gespeichert wird. Erweitern lässt sich das Smart Object um eine Ereignissteuerung, die mittels Algorithmus eine Transaktion auslöst, wenn bestimmte Rahmenparameter erfüllt werden. Beispielsweise will ein Händler einen speziellen Diamanten. Sobald ein Diamant gefunden wird, der diesen Rahmenparametern entspricht, kann der Algorithmus die Transaktion in Auftrag geben und der Diamant wechselt den Besitzer. Dieses Prinzip lässt sich natürlich auch auf Kunst, Musik und sogar Carsharing anwenden.
Auch im Gesundheitswesen ist ein Einsatz denkbar. So ist es zum Beispiel nicht unüblich, dass ein Arzt, um die optimale Diagnose zu stellen bzw. Behandlung zu ermöglichen, die Krankenhistorie heranzieht. Bei jedem Arztwechsel ist es somit immer wieder notwendig, Teile der Krankenhistorie zu kommunizieren. Das Risiko, relevante Informationen nicht anzusprechen, da sie im Moment nicht mehr präsent sind, ist dabei ganz abgesehen von der eingeschränkten Zeit, die ein Arzt für einen Patienten hat, sehr hoch. Diese Informationen könnten jedoch in der Blockchain gespeichert werden und auf diese Weise Leben retten! Die Daten kann nur derjenige editieren und mit dem Patienten in Verbindung bringen, der seinen Zugangsschlüssel, dem Private Key, besitzt. Der Private Key könnte beispielsweise in einem Chip in der Versichertenkarte enthalten sein. Wenn jemand mit einer Erkrankung nun zum Arzt geht, wird die Karte auf ein Lesegerät gelegt und der Arzt hat die Möglichkeit die Informationen zu lesen und zu bearbeiten. Sobald der Patient seine Karte wieder mitnimmt, hat der Arzt keinen Zugriff mehr auf seine Daten. Diese Idee lässt sich sogar noch weiterdenken. So könnten die Daten beispielsweise von Forschungsinstituten verwendet werden. Durch den breiten Zugriff auf alle möglichen Krankheitsbilder und Vorerkrankungen lassen sich eventuell Rückschlüsse ziehen, die bisher nie in Frage gekommen sind. Da die Daten entsprechend verschlüsselt sind, ist ein Rückschluss auf mich nur möglich, wenn jemand den dazugehörigen Private Key kennt.
Dieses Prinzip lässt sich nahezu unendlich fortsetzen. Für ein öffentliches, digitales Grundbuch, ein Eheregister, für Wahlen und für Community Supercomputer, den Personalausweis und Identity Management. Dem Schutz dieses privaten Schlüssels gilt somit die höchste Priorität, denn ein Verlust wäre ähnlich tragisch wie der Verlust des Masterpassworts eines Passwortmanagers und endet im schlimmstem Fall im Identitätsdiebstahl.
Die „Showstopper“
Ob die Blockchain ein Erfolg wird, hängt von diversen Faktoren ab. „Showstopper“ gibt es viele. Alleine Don und Alex Tapscott, zwei der größten Fürsprecher der Blockchain und Autoren des Buches „Blockchain Revolution“ nennen 10 dieser „Showstopper“. Zum einen sind hier noch technologische Hürden zu nennen. Beispielsweise ist die Infrastruktur noch lange nicht soweit. Das betrifft zum einen Netzwerk, das nicht darauf ausgelegt ist, die Massen an Daten und Transaktionen zu verarbeiten, zum anderen aber auch die Infrastruktur vor Ort. Obwohl Bitcoin die größte Kryptowährung der Welt ist, gibt es nur wenig Tausch- oder Annahmestellen. Zudem sind die meisten Tools, die auf die Blockchain aufsetzen (z.B. Ethereum), wenig benutzerfreundlich. Die Adressen der „Wallets“, also jene Orte, an denen mein Geld oder meine Verträge aufbewahrt werden, werden mittels 35 stelliger Nummer adressiert, und sollte ich einmal den Private Key zu meinem Wallet verlieren und keine Sicherung besitzen, sind alle darin enthaltenen Werte für mich nicht mehr zugänglich.
Des Weiteren ist es noch vollkommen unbekannt, wie Politik, Aufsichtsbehörden oder Regulatoren auf die Möglichkeiten der Blockchain reagieren. Während beispielsweise die Nutzung von Bitcoins in China verboten ist (das Mining hingegen ist erlaubt), wurde es in den USA offiziell als Währung deklariert. Und Bitcoin ist nur die Spitze des Eisberges. Sollte absehbar sein, dass durch den hohen Automatisierungsgrad der Blockchain massenhaft Jobs verloren gehen und Unternehmen ihre Existenzgrundlage verlieren, wird die Politik der Blockchain Einhalt gebieten.
Wie die Chancen der Blockchain stehen und wie die Einschätzung von FI-TS zu diesem Thema ist, gibt es in einem nächsten Blog-Eintrag.